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  • AutorenbildRechtsanwalt Schenkenberg

Das Ende der fiktiven Schadensbemessung von Mängelbeseitigungskosten

Es ist nun bereits einige Zeit her, dass der für Baurecht zuständige VII. Zivilsenat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben hat und entschied, dass es in Zukunft im Baurecht keine fiktive Schadensbemessung von Mängelbeseitigungskosten mehr gibt (BGH, Urteil v

om 22.2.2018, Aktenzeichen VII ZR 46/17). Was ist geschehen?

Das OLG Düsseldorf hatte einen Architekten und einen Bauunternehmer gesamtschuldnerisch zur Zahlung aufgrund von Mängeln verurteilt. Die konkrete Schadensbemessung basierte auf einer fiktiven Schadensberechnung. Das Gericht stützte sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des BGH. Der aber gab seine bisherige Rechtsprechung auf.

Bislang hatte der BGH dem Besteller einer mangelhaften Werkleistung einen Schadensersatzanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zugestanden. Dies bedeutete im Prinzip, dass der Besteller den für die Mängelbeseitigung erforderlichen Geldbetrag verlangen konnte, unabhängig davon, ob mit dieser Summe dann die Mängel tatsächlich beseitigt werden oder nicht. Dies entsprach der ständigen Rechtsprechung des BGH seit dem Jahr 1973. Die Abkehr von dieser mehr als 55 Jahre bestehenden Rechtsprechung erfolgte daher einigermaßen überraschend.

Der Senat begründet die Rechtsprechungsänderung wie folgt:

Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten bilde das Leistungsdefizit bei wertender Betrachtung nicht zutreffend ab. Vielmehr führt eine fiktive Schadensberechnung häufig zu einer Überkompensation damit zu einer nach allgemein schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Dies führe im Ergebnis dazu, dass der Auftraggeber, der keine Aufwendung zur Mängelbeseitigung tätigt, sondern diese nur fiktiv ermittelt, auch kein Vermögensschaden in Form und Höhe dieser nur rein fiktiven Aufwendung hat. Der Vermögensschaden für die Mängelbeseitigungskosten entsteht nämlich erst, wenn der Besteller den Mangel tatsächlich beseitigen lässt und die Kosten dafür begleicht.

Der Auftraggeber kann also nach wie vor den Schaden beheben lassen und die hierdurch entstandenen erforderlichen Aufwendungen als Schadensersatz geltend machen. Dieses ist auch unproblematisch im Rahmen einer Vorschussklage möglich, welche durch die Änderung der Rechtsprechung eine erhebliche Aufwertung erfahren hat. Allerdings müssen die Mängel in diesem Fall auch tatsächlich behoben werden, da die hierfür vereinnahmten Mittel sonst zurückzuzahlen sind. Weitere Folge der Rechtsprechungsänderung ist übrigens, dass diese Vorschussklage nun auch grundsätzlich gegen Architekten möglich sein soll.

Dennoch muss der Besteller auch nach der Rechtsprechungsänderung den Mangel nicht zwingend beseitigen um einen Schadensersatz zu erhalten. Er kann seinen Vermögensschaden nach den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen im Wege einer Vermögensbilanz dartun und bemessen. Dies geschieht, indem die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des durch das Werk geschaffenen Sache ohne Mangel mit ihrem Wert mit Mangel verglichen wird. Hat der Auftraggeber wie im vorliegenden entschiedenen Fall die Sache ohne Beseitigung des Mangels veräußert, so indiziert der erzielte Kaufpreis den hypothetischen Wert der Sache mit Mangel.

Alternativ kann ein Besteller den Schaden auch in Anlehnung an den vereinbarten Werklohn schätzen. Maßstab soll dann die durch den Mangel des Werks erfolgte Störung des Äquivalenzverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sein. Was genau unter dieser eher schwammigen Formulierung zu verstehen ist, wird die zukünftige Rechtsprechung zeigen. Im Zweifelsfall wird aber bei beiden Alternativen zukünftig ein Sachverständiger zur Bestimmung des durch den Mangel verursachten Vermögensschadens zu Rate zu ziehen sein.

In der Praxis haben die Besteller erfahrungsgemäß häufig die fiktiven Mängelbeseitigungskosten einbehalten ohne die Mängel beseitigen zu lassen. Da die hieraus resultierenden finanziellen Zugewinne des Bestellers nun nicht mehr zu erzielen sind, ist davon auszugehen, dass die Bauherrn durch Abschluss von Vergleichen anstreben werden ein für sie positives Ergebnis bei der Schadensabrechnung zu erreichen. Insgesamt schwächt das Urteil dadurch die Verhandlungsposition der Bauherren.


Der Artikel wurde veröffentlicht in der "Landesinnung aktuell" 04/20, herausgegeben von der Landesinnung Metall Saarland, Wellesweilerstraße 95 in 66538 Neunkirchen

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